Manfred Ach
Führen Sie sich nicht
so auf!
ISBN 3-927890-53-7, Stücke
I Edition Ludwig im Tale, 1. Auflage München 1999, 94 S., A-4-Format,
EUR 18.-
Darin enthalten
sind:
APOKALYPSE
23. Poetisches Spektakel für fünf Stimmen und einen harmonischen Grobschmied
Bruchstücke
aus den 22 Kapiteln der Offenbarung des Johannes, die poetische Würdigung
eines Selbstmörders, der Abschiedsbrief eines Menschen, der nicht mehr
leben wollte, Splitter einer privaten Heilsgeschichte und die Rollenspiel-Imaginationen
eines Zauberlehrlings sind die Bestandteile eines seriell angeordneten
Textes, die ein harmonischer Grobschmied, hin und wieder launisch eingreifend,
lärmend zerschneidet oder verschweißt. Pathos und Häme, Selbstentblößung
und Verkleidung, Untergeher und Überwinder geben sich ein Stelldichein
auf engem Raum. Für Auge und Ohr, A und O.
TONSPUR
TRAKL. Ein
Hörbild
(zum 80.
Todestag, 3.11.1994) TONSPUR TRAKL enthält Gedichtanfänge Trakls (Am
Abend.../O...), seine biographischen Stationen (berufliche und lokale),
chronologisch geordnete Auszüge aus Briefen sowie die den verschiedenen
Handschriften folgenden Textvarianten des Gedichts "Musik im Mirabell".
TONSPUR TRAKL will weder ein vollständiges Lebensbild liefern noch Vollendetes
aus dem dichterischen Werk zitieren, sondern in methodischer Kürze und
atmosphärischer Dichte zeigen, wie und wohin die Linien des Lebens und
Schreibens Trakls verliefen. TONSPUR TRAKL ist gedacht als Ergänzung
zu den bei Jahresfeiern üblichen Würdigungen in Form von stets wiederholten
Daten, Informationen und Zitaten. TONSPUR TRAKL wäre zu realisieren
mit mehreren Sprechern und Sprecherinnen. Reizvoll wäre sicher auch
eine Unterlegung mit Musik oder wären musikalische Intermezzi, wobei
einerseits der typische Ton von Pavillonkonzerten im Mirabellgarten
als "Zitat" denkbar wäre, andererseits aber auch zeitgenössische (z.B.
eine früh-expressionistische) Musik bzw. eine von heute.
BADEWANNE.
Ein
Hörspiel
Ausgehend
von der psychologischen Einsicht "Nirgendwo sind wir uns näher", mischt
dieses Kurzhörspiel historische und ethnologisch-ethnographische Materialien
zur Badekultur mit Straßen-Interviews ("Woran denken Sie, wenn Sie das
Wort Badewanne hören?") und der spezifischen Sprache von Werbe-Spots
für den Konsumartikel "Badewanne". Eine Mitarbeiterin des Rundfunks
soll ein Feature über die Badewanne schreiben. Sie bleibt während der
Haupthandlung immer allein in ihrer Wohnung, die Wirklichkeit der Außenwelt
kommt nur über Tonmaschinen zu ihr, und auch sie selbst teilt sich nur
über Tonmaschinen mit (Telefon, Anrufbeantworter, Fax, Diktaphon, O-Ton-Recorder
etc.). Sie ist Mittelpunkt dieser "Hör"-Elemente, die am Ende ihren
Höhepunkt in einer Collage aus allen Ebenen (inhaltlichen wie technischen)
finden.
DREHTÜR.
Performance bzw. Tonspur zu einem Film über die Glasarbeiten von Jennifer
Antonio
(Brief vom
2.1.94 anstatt einer Vorbemerkung) Liebe Jennifer, mein Drehtür-Text
ist fertig (und natürlich ganz anders geworden, als ich dachte: ein
volles Notizheft wurde auf wenige Seiten kondensiert). Ausgangspunkt
waren ja Deine Figuren in den Kugelvasen, deren Glas uns von ihnen trennt
und die doch so lebendig sind. Der Kopfwurm/Drehwurm hatte also mit
Begriffen zu tun wie "Drinnen" und "Draußen", "Kugel" und "Kreis", "Glas"
und "Tür", "Durchgang" und "Trennwand" und nicht zuletzt mit der Drehbewegung,
dem Stürzen der Figuren und ihren tastenden/pressenden Händen, mit dem
Taumel der Perspektive. Für alle diese Zusammenhänge ergab sich als
Knotenpunkt und Wirbel die Metapher "Drehtür", die als Durchgangsstation
auch die Grenze zwischen zwei Welten markiert (so wie Mallarmés "Igitur"
die Grenze zwischen dem Nichts und dem Absoluten). Das "Du" auf dem
ersten Blatt bezieht sich nicht ausschließlich auf Dich, sondern meint
alle, die die üblichen Begriffskäfige verlassen haben oder zumindest
manchmal dazu imstande sind. Da Du ja auch mit Mythologie arbeitest,
habe ich im Teil 1 Material aus Ethnologie und Brauchtum zum Motiv der
Tür und des Transits verarbeitet. Am Ende klingt das Kreismotiv als
Bannformel an, das im 2. Teil zum Glasgefäß führt, in dem die Zeit festgehalten
ist wie der Geist in der Flasche. Im Drehmoment (3. Teil) werden die
doors of perception zum Durchgang in die altered states of consciousness,
wo die assoziativen Sicherungen durchknallen und der (in Geheimgesellschaften
durch sogenannte Kugelung) Erwählte das alte System verläßt bzw. verändert
zurückkommt. So wird der Vortex zum "Punkt maximaler Schwungkraft" (Pound),
wie auf dem ersten Blatt angedeutet. Und der Vortizismus ist, beileibe!,
nicht nur ein künstlerisches Credo. It`s up to you. Liebe Grüße, Manfred
INIGO,
JUAN UND RAMON. Ein Bühnenstück
Das Stück
hat mit drei Spaniern zu tun, die derzeit mit Jubiläen gesegnet sind:
Ignatius von Loyola (Inigo), Juan de la Cruz (Juan) und Ramon Llull
(Ramon). Das Stück will sie auf andere Weise würdigen als dies auf Festakademien
üblich ist. Es handelt sich um den Versuch einer Nutzbarmachung, die
Eingeweihte befremden und Fremde neugierig machen soll. Das Stück hat
also keineswegs nur mit diesen drei Spaniern zu tun und ist trotz des
großen authentischen Textbestands keinesfalls dokumentarisch zu verstehen.
Das Bühnenstück hat fünf Akte. Der erste Akt besteht aus einem Selbstverhör
im Sinne einer gruppentherapeutischen Sitzung. Er wird durch eine musikalische
Einlage, die eventuell von Bildprojektionen (historisch-biographische
Motive, durchsetzt mit zeitgenössisch-verfremdendem Bildmaterial) begleitet
wird, abgeschlossen. Die von den Protagonisten gesprochenen Texte sind
authentisch. Der zweite Akt besteht aus dem authentischen Text "Die
zwölfte Regel der Unterscheidung der Geister" von Ignatius von Loyola
(aus seinen "Exerzitien") sowie szenischen Assoziationen hierzu. Die
anschließende Talkshow zitiert (in freier Form) seriöse Meinungen zu
den "Exerzitien" und Stellungnahmen, die dem Autor zur Hörspielfassung
dieser Szene zugingen. Der dritte Akt enthält fast durchweg authentische
Texte von Juan de la Cruz. Die Kernmotive seiner Theologie (die "Nacht"
und die "Leiter"), die er als Seelenführer von Nonnen ausführlich dargelegt
hat, werden in zwei Szenen vorgeführt. Der vierte Akt ist Ramon Llull
gewidmet. Die erste Szene enthält viele authentische Texte und zitiert
am Schluss eine historische Begebenheit: Die Verehrte zeigt dem Troubadour
Ramon ihre krebszerfressene Brust. Die zweite Szene karikiert ein Meditationscamp
von heute. Der fünfte Akt zeigt die drei Protagonisten als "Erlöste".
Die Texte sind weitgehend authentisch. Ein "Ballspiel" beendet das Stück.